Glück ist … wenn du es siehst

Red Smiley

Ist das Glück wirklich nur immer dieser kurze Augenblick höchster Freude, der selten kommt und schnell vergeht? Dieser flatterhafte Schmetterling, der kurz an einer Blume kostet und dann wieder auf und davon ist? Oder kann das Glück auch ein treuer Begleiter im Leben werden? Fest steht: Einfangen lässt es sich nicht, man muss ihm Raum geben.


Im kleinen Königreich Bhutan gibt es tatsächlich ein „Bruttonationalglück“ gibt. Der Binnenstaat, der zu 80 Prozent vom mächtigen Gebirge des Himalaya geprägt ist, hat „Glück“ zum obersten Ziel seiner inländischen Politik erklärt. Bereits in den 1970ern führte König Jigme Singye Wangchuck den kuriosen Begriff ein, da er Bhutans einzigartige Kultur und ihre buddhistischen Werte mindestens genauso wichtig fand wie modernen Fortschritt. So ist das Land bis jetzt das einzige, das eine nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft anstrebt, indem ein harmonisches Gleichgewicht zwischen materieller, kultureller und spiritueller Förderung stattfindet. Doch weitere Entwicklungen in diese Richtung sind überall auf der Welt zu erkennen. Sogar hierzulande: Vor einigen Jahren wurde an einer Schule in Baden Württemberg das Schulfach Glück eingeführt. Damit sollen „Lebensthemen“ in die Schule gebracht werden, die die Persönlichkeitsentwicklung fördern, z.B. Vertrauensbildung, Optimismus und Achtsamkeit.

Verschiedene Definitionen von Glück

Von Gelehrten, Philosophen und Wissenschaftlern wird das Thema Glück bereits seit Jahrtausenden diskutiert. „Welch Glück geliebt zu werden!“, hat Johann Wolfgang von Goethe ausgerufen. „Das Geheimnis des Glücks liegt nicht im Besitz, sondern im Geben“, proklamierte Andre Gide. Und „Glück, das ist einfach eine gute Gesundheit und ein schlechtes Gedächtnis“, soll Ernest Hemmingway gesagt haben. Man sieht, dass schon die Definition von Glück dazu beiträgt, wie wir Glück erleben.

Glück hat viele Nuancen. Die Vielseitigkeit des Begriffs spiegelt sich auch in zahlreichen Sprachen wider, die unterschiedliche Wörter für verschiedene Arten von Glück haben: Glück als reiner Zufall, wie z.B. der Lottogewinn, Glück per Lustempfinden, z.B. eine gute Massage, oder Glück als Quelle der Freude, wenn etwa den Künstler die Welle der Kreativität hoch hinaus trägt. Glück kann aber noch mehr sein. Es kann auch ein Zustand ruhiger Heiterkeit sein, mitfühlender Gelassenheit, großzügiger Demut oder furchtloser Offenheit. Glück muss nicht immer Feuerwerk und große Sensation sein. Und umso weniger Feuerwerk man braucht, desto ausgeglichener und dauerhafter wird das Glück.

Dankbarkeit und Achtsamkeit

Wer Glück als einen inneren dauerhaften Zustand wünscht, der sollte sich den kleinen Dingen, den Details zuwenden, sie beachten und schätzen und dankbar für sie sein. Wie oft sehen wir die kleinen Wunder am Wegesrand nicht, weil wir im Kopf schon beim nächsten Moment sind? Eine Studie des renommierten US-amerikanischen Gallup-Instituts mit 150.000 Befragten in 148 Ländern fand 2012 heraus, dass die Menschen in vermeintlich nicht so sehr gesegneten Ländern weltweit am glücklichsten sind: Die ersten Plätze gingen an Panama, Paraguay und Costa Rica. Deutschland kam im internationalen Vergleich nur auf Platz 47.

Ähnliche Studien gibt es bereits etliche. Es scheint, dass ein einfaches Leben ohne die „Vorzüge“ der schnellen Bedürfnisbefriedigung moderner Gesellschaften keineswegs so unglückliche Zustände hervorruft, wie dies oft angenommen wird. Vielmehr scheinen solche Studien zu zeigen, dass die Beschränkung auf das Wesentliche und weniger Ablenkung (durch zu erreichende Ziele oder Zustände) mehr Lebensqualität bringen. Nicht umsonst fahren wir besonders gerne in eben solche Länder in Urlaub, die viel von diesem einfachen Lebensgefühl bewahrt haben. Dort, so sagt man, laufen die Uhren noch anders, es herrscht keine Hektik und trotz teils chaotischer Zustände sind die Menschen zufrieden und verlernen nicht das Lachen. Alles scheint eine unterschwellige Gelassenheit auszustrahlen.

Dem Glück Raum geben

Sich Zeit nehmen für das Leben, mit allen Sinnen wahrnehmen, was gerade passiert … genau das ist es, was solch stilles Glück hervorbringt. Und genau an diesem Punkt sehen wir Achtsamkeit in Aktion. Achtsamkeit bedeutet, ganz in den Moment einzutauchen und ihm keinerlei Stempel aufzudrücken. Beobachtend und aufmerksam nimmt man alles ohne inneres Urteilen wahr – so, wie es ist.

Uns westliche, gestresste Menschen hilft dabei besonders, dass wir unser Inneres wieder stärker wahrnehmen, denn die Verbindung nach innen geht oft zugunsten der Kopflastigkeit verloren. Sie ist aber wichtig und schenkt uns emotionale Stabilität. Egal, was sich in uns in Form von Gefühlen, Emotionen, Bildern und Gedanken zeigt, es wird durch Achtsamkeit verwandelt von einer treibenden, zerstreuenden Kraft in eine Ruhe, die uns wieder durchatmen lässt. Wir werden nicht mehr mitgerissen von unseren sich stetig wandelnden Emotionen und Gedanken, sondern halten in einem ruhigen Raum in unserem Innern die Stellung, während außen die Stürme toben mögen.

Weniger versuchen, weniger tun, weniger urteilen

Achtsamkeit bedeutet dabei nicht Anstrengung, es bedeutet eher weniger: weniger versuchen, weniger tun, weniger beurteilen – und sollte deshalb eigentlich ganz einfach sein. Doch vor allem unser inneres Gespräch mit uns selbst sowie Gewohnheiten und Muster verbrauchen viel Energie. Da hilft nur Dranbleiben und Üben, bis in unserem Herzen wieder genügend Raum für das Glück entsteht und es von innen heraus kultiviert werden kann. 

Glück hängt letztendlich mit unserer Sichtweise der Dinge zusammen. Es ist die Art, wie wir Dinge sehen und wahrnehmen, ob wir sie be- oder gar verurteilen oder einfach sein lassen können. Von dieser Warte aus erscheint auch die vermeintliche Kehrseite des Glücks, das Leid, in ganz anderem Licht. Wir können den Umgang damit vereinfachen, indem wir es annehmen, ohne Widerstand dagegen aufzubauen. Im Annehmen der Dinge liegt eine große Kraft, die etwas von bedingungsloser Liebe hat.

Achtsamkeit ist ein anderer Umgang mit den Gegebenheiten des Lebens, als wir ihn in den meisten Fällen gelernt haben. Aber es lohnt sich. Wer das Glück auf diese Weise in seinem Innern wachsen lässt, der muss dem Glück gar nicht mehr hinterher jagen. Das Glück kommt dann von ganz allein.

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