Pferdemann

Der Mann ist allein bei den verbundenen Tieren. Kühler Abend kräuselt Wellen über den Teich. Er lauscht dem Gesang des Muttertieres. Das Leben pocht an seine Schläfen. Bald wird es soweit sein.

Das warme Fell liegt in seinen Händen. Über den Bäumen rauschen Schwingen ohne Gestalt. Das Blut wallt sein Herz auf – wie ein aufgeschrecktes Tier. Er ist schwer, so schwer.

Festen Schrittes verhärtet sich sein Gesicht. Die Mondsichel sticht aus einer Wolkenwand und bringt ihm eine Sehnsucht ohne Bild. Er dreht sich zum Stall um. Einen Moment grausame Hilflosigkeit in seinen flatternden Nerven. Die großen dunklen Augen blicken ihn ruhig an.

‚Wo ist der Rächer seines Tötens‘, fragen sie. Sein Gesicht überschattet sich. Die Erinnerung greift ihn an. Er zielt und schießt blitzschnell ins Schwarze. Blut quillt aus den Augen.

‚Verfluchtes Gesinde,‘ flüstert er. Seine Hände zittern und schwitzen. Er geht zurück zum Stall. Ein Bild von Milch drängt sich in sein Bewußtsein. Er greift wieder nach dem geballten Bauch des Tieres und spürt, wie sich das Leben dort regt – dort, wo er es in sich getötet hat.

© Gina Janosch

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